Wachsende Infrastruktur, harte Arbeit
An Agger, Leppe und Sülz diente die Grauwacke über Jahrhunderte als wichtiger Baustoff. Der Bau des Kirchenturms St. Severin aus Grauwacke und dessen Einweihung erfolgte im Jahr 1156. Am Brungerst lässt sich seit 1633 eine gewerbliche Nutzung belegen. Doch die schlechten Wegverhältnisse machten einen Transport nahezu unmöglich. Nur unter größten Kraftanstrengungen konnten die wuchtigen Pferdefuhrwerke die alten Höhenwege passieren. Den Aufschwung brachte die Eisenbahn: Je näher ein Steinbruchbetrieb an einem Bahnhof lag, desto einfacher und günstiger ließ sich die Versendung der massiven Erzeugnisse organisieren.
Mit der fortschreitenden Industrialisierung durchzog ein immer engmaschiger werdendes Netz an Straßen und Schienen die preußische Rheinprovinz. Grauwacke fand nun als Packlage, als Schotter und Splitt und als Pflaster Verwendung. Der neue Absatzmarkt versprach hohe Gewinne und führte rasch zur Anlage neuer Steinbrüche. Vor dem Ersten Weltkrieg war die Bergische Grauwacke so weit über die Grenzen des Deutschen Reichs hinaus äußerst gefragt. In den 1920er und 1930er Jahren war der Absatz jedoch starken konjunkturellen Schwankungen unterworfen.
In den Steinbrüchen legten die Räumer den Fels von Gestrüpp und Erde frei und beseitigten den Abraum auf große Halden. Die Stößer hebelten den Stein aus den steilen Hängen und spalteten ihn unter großem Kraftaufwand in handliche Blöcke. Hier wurde auch mit Schwarzpulver gesprengt. Und die Kipper verarbeiteten das Material vor ihren offenen Hütten zum gewünschten Produkt. In einer zwölfstündigen Schicht ließ sich so ein halber Kubikmeter Grauwacke verwerten. Filigrane Arbeiten übernahmen die Steinmetze. Und um die Instandhaltung der Arbeitsgeräte kümmerten sich die Schmiede an ihren qualmenden Essen.
Italienische Arbeiter ließen sich erstmals 1890 für die Steinindustrie anwerben. Später wurden während beider Weltkriege Kriegsgefangene und gewaltsam aus ihrer Heimat verschleppte Zivilpersonen zur gefährlichen Arbeit in den Steinbrüchen gezwungen – meist ohne Erfahrung, bei schlechter Verpflegung und unter menschenunwürdigen Bedingungen.
Die Grauwacke ist auch ein Spiegel unserer Geschichte.